Zu Besuch bei der FURE Konferenz 2018 an der MSD
Zeitungen, Bücher, Magazine – Welche neuen Rollen wird Print in Zeiten der Digitalisierung einnehmen?
Zusammen mit einigen Mitarbeitenden aus meinem Team bei LIVING CONCEPT haben wir die zweite Auflage der FURE („The Future of Reading“) besucht. Die Konferenz an der Münster School of Design (MSD), dem Fachbereich der Design der FH Münster, konzentriert sich auf die Chancen und Herausforderungen des Umbruchs in der Medienwelt.
Die FURE soll Raum für Statements, Visionen und Positionen von Designerinnen und Designern sowie dem Designnachwuchs schaffen und Erkenntnisse und Inspiration für die tägliche Arbeit sowie einen Rahmen zum Netzwerken und Austauschen liefern. Prof. Rüdiger Quass von Deyen (MSD) und Patrick Marc Sommer, Gründer von Typoint und Mitherausgeber von Design Made in Germany, hatten eine Reihe von interessanten Sprecherinnen und Sprechern eingeladen, um einen umfassenden Blick auf verschiedene Aspekte der Zukunft des Lesens zu werfen:
Sprecher:innen:
- Die Zukunft des Lesens/Lebens
Sonja Knecht, Texterin - Leichte Sprache, Typografie & Designforschung
Sabina Sieghart, Kommunikationsdesignerin, Founder und Forscherin: - Läsen. Leesen. Lesen! Wie typografische Feinheiten legasthene Menschen beim Lesen positiv unterstützen können
Bettina Andresen, Kommunikationsdesignerin - Was wir sehen, wenn wir lesen
Atilla Korap, Monotype - Books in Browsers – wo und wie werden wir in Zukunft lesen?
Nils Tiemann, Monotype - Wie sich der Umgang mit dem Lesen verändert
Ruslan Krohn, Co-Founder TBO interactive - Magazine und Zeitungen in der Krise
Prof. Rüdiger Quass von Deyen, MSD und Partner KD1, Köln - smartfox – spielerische Vermittlung von Medienkompetenz für Kinder
Nina Lakeberg und Julia Wiesmann, Kommunikationsdesignerinnen - Nesel
Mario Lombardo, Designer - Buchstaben im Kopf
Antonia M. Cornelius, Kommunikationsdesignerin
Ein paar Stichworte zu Vorträgen der FURE
Ruslan Krohn stellte in seinem Vortrag unter anderem einige Thesen auf:
- Die Technik nimmt uns alle an die kurze Leine.
- Generation Screen. Aufmerksamkeit ist die neue Währung.
- Wir befinden uns in einer Krisen des vertieften Lesens.
- Nur wer sich gut organisiert, überlebt.
- Wir haben Sehnsucht nach Nischen und Auszeiten.
- Print ist Luxus.
- Stores werden zu Eventstätten.
- Wir werden viel hören und viel sprechen.
- Emotional AI wird unser Leseverhalten beeinflussen.
- Das Lesen ist tot – es lebe das Lesen!
Rüdiger Quass von Deyen zeigte in seinem Vortrag, dass das Klagen über den Untergang der Magazine (und des Lesens) eine lange Tradition hat. Bereits 1802(!) klagte der Herausgeber Martin Wieland:
„Mit Zeitschriften ist gar nichts mehr zu verdienen. Es sprießen zwar jedes Jahr etliche neue wie Pilze aus dem Boden, aber die meisten überleben nicht mal das zweite Quartal. Die alten Medien sind bisher immer noch die dauerhaftesten, aber auch diese nehmen mit jedem Jahrgang ab. Die Modejournale sind beinahe die einzigen, die gute Verkäufe haben, weil sie die Eitelkeit, Frivolität und Anekdotensucht des Publikums bedienen.“
Mit einer langen Reihe von Studien und Zahlen zeigte er, dass Print noch lange nicht tot ist. Aber natürlich müssen sich Medien verändern, um relevant zu bleiben. Zitat:
„Das neue elektronische Zeitalter bringt Bewegung in die Welt der Menschen. Aus dem distanzierten Betrachter wird der integrierte, interaktive Teilnehmer. Der alte Begriff ,Beobachter‘ gilt nicht mehr. Anstelle des ,Beobachters‘ tritt der ,Teilnehmer‘, wenn wir die moderne Kommunikationswelt beschreiben wollen.“
– so formulierte es schon 1994 der Verleger Dr. Herbert Burda, der 1997 nachlegte:
„Die Aufgabe wird immer stärker in Richtung von Community Organizern gehen. Every Audience has its own Device. Das heißt, ich muss mir genau überlegen, mit welchem Medium, mit welchen Mitteln ich auf welche dieser Communities zugehe.“
Den Vortrag beschloss ein ebenso immer noch aktuelles Zitat von Marc Aurelius (121–189):
„Alles was wir hören, ist eine Meinung, kein Fakt. Alles was wir sehen, ist eine Perspektive, nicht die Wahrheit.“
Mario Lombardo, laut SPIEGEL „einer der besten Print- und Magazindesigner der Gegenwart“, stelle einige Highlight seiner langen Karriere als Magazingestalter vor, um zum Abschluss seinen Ausstieg zu verkünden und sein neues Geschäftsfeld vorzustellen: Atelier OBLIQUE – Düfte und Kerzen, natürlich in exzellenter typografischer Ausstattung.
Zu guter Letzt widerlegte Antonia M. Cornelius einige – gerade auch unter Designschaffenden beliebte – Annahmen darüber, wie Lesen eigentlich funktioniert und welche Faktoren die Lesbarkeit beeinflussen. Sie schloss mit der griffigen Formel „Berücksichtigung der Lesesituation + leserliche Schriften + lesbare Typografie = Optimierung des Leseprozesses = hoher Lesekomfort“.
Website der FURE: futureofreading.de