Für Projekte im Kommunikationsdesign gibt es verschiedenste Phasenmodelle, von denen ich hier einige als Beispiele vorstelle. Die ersten sind so genannte „Wasserfall-Modelle“. Sie folgen der Idee des Linearen Projektmanagements, bei der die Projektphasen klar abgegrenzt aufeinander folgen.
In der Praxis des Kommunikationsdesigns stellt es sich jedoch oft heraus, dass Phasen mehrfach durchlaufen werden. So kann zum Beispiel während der Konzeption weiterer Recherche-Bedarf erkannt werden. Diesem Gedanken versucht das Modell von Katrin Niesen Rechnung zu tragen.
Entscheidet man sich bewusst dafür, iterativ zu arbeiten – das heißt, Schritte mehrfach zu durchlaufen – kann man auch im Kommunikationsdesign Methoden des Agilen Projektmanagements verwenden.
Das Double-Diamond-Modell
Das Double-Diamond-Model ist ein weit verbreitetes und anerkanntes Modell zur allgemeinen Darstellung des Designprozesses. Seit 2004 verbreitet das britische Design Council das Double-Diamond-Modell auf Konferenzen und in Präsentationen.
Es besteht aus vier Phasen:
- Discover (Entdecken): In dieser Phase wird das Problem oder die Herausforderung erforscht und verstanden. Es geht darum, die richtigen Fragen zu stellen und ein tieferes Verständnis der Nutzer, ihrer Bedürfnisse und des Kontexts zu entwickeln.
- Define (Definieren): Basierend auf den Erkenntnissen aus der Entdeckungsphase wird das Problem oder die Aufgabe genau definiert und eingegrenzt. Es geht darum, den Fokus zu schärfen und eine klare Richtung für die Lösungsfindung zu entwickeln.
- Develop (Entwickeln): In dieser Phase werden kreative Ideen und Lösungskonzepte entwickelt. Es wird divergent gedacht, um möglichst viele Optionen zu generieren, bevor dann konvergent die vielversprechendsten Konzepte ausgewählt und weiterentwickelt werden.
- Deliver (Liefern): In der letzten Phase wird die ausgewählte Lösung umgesetzt und an den Nutzer geliefert. Hier geht es um die Umsetzung und Realisierung des Konzepts.
Das Double-Diamond-Modell veranschaulicht den iterativen und zyklischen Charakter des Designprozesses, bei dem zwischen Phasen der Divergenz (Entdecken, Entwickeln) und Konvergenz (Definieren, Liefern) gewechselt wird.
Mehr dazu auf der Website des Design Council: https://www.designcouncil.org.uk/our-resources/the-double-diamond/
Phasenmodell des BDG
Der BDG (Berufsverband Kommunikationsdesign) stellt ein Phasenmodell für Kommunikationsdesign-Projekte mit neun Phasen vor:
- Briefing: Wer sagt was wem wie wo und wozu?
- Re-Briefing: Die Aufgabe festlegen
- Analyse: Kernfragen finden – und beantworten
- Konzeption: Auswahl der Mittel
- Schulterblick: Erste Skizzen bewerten
- Präsentation: Finale Entwürfe
- Realisierung: Jetzt kommen die Handwerker
- Startschuss: Stapellauf
- Evaluation: Der Dialog fängt jetzt erst an
Mehr Informationen zu diesem Modell im Leitfaden „Designer und Auftraggeber“, BDG, 2015.
Neun-Phasen-Modell des PR Kolleg Berlin
Ebenfalls neun Phasen hat das Neun-Phasen-Konzeptionsmodell, das das PR Kolleg Berlin für Projekte der Unternehmenskommunikation entwickelt hat. Es besteht aus drei Bereichen und jeweils drei Phasen:
I. Analytischer Bereich
- Briefing: Mit welchen Problemen haben wir es zu tun?
- Recherche: Wie beschaffen wir uns die relevanten Informationen?
- Analyse: Wo liegen die Ursachen und die Kernprobleme und wie bewerten wir sie?
II. Strategischer Bereich
- Zielgruppen und Ziele: Was wollen wir bei wem erreichen?
- Positionierung: Wie positionieren wir uns im Kommunikationsumfeld?
- Botschaften und kreative Leitidee: Wie gestalten wir die Ideen und Kommunikationsinhalte?
III. Operativer Bereich
- Maßnahmenplanung: Mit welchen Mitteln und Maßnahmen wollen wir kommunizieren?
- Erfolgskontrolle: Was haben wir erreicht und mit welchen Methoden belegen wir den Erfolg unserer Maßnahmen?
- Präsentation und Dokumentation: Wie präsentieren wir unser Kommunikationskonzept und wie dokumentieren wir die Ergebnisse unserer Arbeit?
Dieses Modell wird von den Autoren in einem Buch ausführlich erläutert: Schmidbauer, Klaus; Knödler-Bunte, Eberhard: Das Kommunikationskonzept – Konzepte entwickeln und präsentieren. university press UMC POTSDAM, 2004.
Phasen-Modell von Katrin Niesen
In ihrem Buch „Designprojekte gestalten“ stellt die Designerin Katrin Niesen ein Phasenmodell mit sechs Phasen vor. Ihre Darstellung betont, dass ein Designprojekt aus viel mehr als der reinen Gestaltung besteht und nie linear verläuft.
1. Projektplanung: Den Überblick gewinnen und behalten.
- Aufgabe verstehen und Rebriefing formulieren
- Zeit, Aufwand und Budget planen
- Präsentationsstruktur als Leitfaden erstellen
2. Design-Analyse: Erkenntnisse und Inspiration gewinnen.
- Beobachtung: Was fällt auf?
- Wirkung: Welcher Eindruck entsteht dadurch?
- Erkenntnis: Welchen Effekt hat das (und warum?)
- Wertung und Begründung: Warum ist das relevant? Ist das ein Problem oder eine Chance? Gibt es Argumente, die das untermauern? Zahlen, Daten, Fakten aus Marktforschung, Studien usw.
- Empfehlung: Was tun wir dagegen bzw. wie nutzen wir das?
3. Ideenfindung: Die Grundlage für das Design entwickeln.
- Ideensteckbriefe formulieren
- Bewerten und auswählen
- Ideen inhaltlich aufbereiten und ausarbeiten
4. Gestalten: Entwerfen, verdichten und finalisieren.
- Design-Entwicklung
- Bewerten, optimieren und entscheiden: Design-Ausarbeitung
- Finalisierung
5. Präsentieren: Kreativ und kompetent überzeugen.
- Struktur anlegen, Stichpunkte notieren
- Konkretisieren: Überschriften, Text und Dramaturgie
- Ausarbeitung: Design festlegen und ausarbeiten
- Präsentieren und moderieren
6. Projektarbeit: Partnerschaftlich zusammenarbeiten.
- In die Projektarbeit überleiten, den Arbeitsprozess aktiv gestalten
- Optimieren
- Den Projekt-Prozess managen
Niesen, Katrin: Designprojekte gestalten. Damit Kreativität gewinnt – und sich auszahlt. Hermann Schmidt, 2021.
Designprozess nach „Branded Interactions“
Für die digitale Markenführung haben Marco Spies und Katja Wenger von thinkmoto folgende fünf Projektphasen definiert:
1. Setup: Das Projekt planen
- Das Briefing
- Das Team
- Die Projektplanung
- Die Technik
2. Prozess: Rückgrat des Projekts
- Workflow-Modelle und Arbeitsweisen definieren
- Art und Inhalte des Gestaltungssystems bestimmen
- Verantwortung festlegen
3. Discover: Research & Analyse
- Das Geschäft verstehen
- Die Marke verstehen
- Den Nutzer verstehen
- Ziele setzen
4. Define: Strategie & Synthese
- Die Kommunikation planen
- Das Markenerlebnis planen
- Das Nutzererlebnis planen
- Ideen generieren
- Maßnahmen definieren
5. Design: Konzept & Gestaltung
- Designaufgaben strukturieren
- Grundlagen schaffen
- Interaktion gestalten
- Konversationen gestalten
- Prototyping
- Testing
6. Deliver: Dokumentation & Produktion
- Designsystem entwickeln
- Guidelines erstellen
- Pattern Libraries erstellen
- Die Produktion begleiten
- Projekt-Launch und Nachbesprechung
7. Distribute: Rollout & Weiterentwicklung
- Implementierung
- Bereitstellung und Steuerung
- Weiterentwicklung
- Kulturwandel
Spies, Marco; Wenger, Katja: Branded Interactions: Lebendige Markenerlebnisse für eine neue Zeit, Hermann Schmidt, 2018.
Welches Phasenmodell ist den nun das richtige?
Die Frage nach dem „besten“ Phasenmodell kann nicht pauschal beantwortet werden. Jedes der vorgestellten Modelle bringt spezifische Stärken und Eigenschaften mit, die es für bestimmte Projektarten besonders geeignet machen.
Wasserfall-Modelle sind linear und eignen sich für Projekte, bei denen Anforderungen klar und unveränderlich sind. Allerdings sind sie in dynamischen Umfeldern, wo Flexibilität und Anpassungsfähigkeit gefragt sind, weniger vorteilhaft. Zu diesen Modellen gehören zum Beispiel das Neun-Phasen-Modell des BDG und das Neun-Phasen-Konzeptionsmodell des PR Kolleg Berlin. Sie bieten eine strukturierte Herangehensweise, die in drei bzw. neun klar definierte Phasen gegliedert ist. Diese Modelle sind besonders hilfreich, um Projekte gründlich zu durchdenken und von der Planung bis zur Evaluation methodisch zu begleiten.
Agile Projektmanagementmethoden, wie im Kontext von iterativen Phasenmodellen erwähnt, fördern Flexibilität, Kundenfeedback und kontinuierliche Verbesserung. Sie passen gut zu Projekten in schnelllebigen oder sich schnell ändernden Branchen.
Das Modell von Katrin Niesen, das iterative Elemente betont und sich auf die kreative und praktische Ausarbeitung von Designprojekten konzentriert, ist ideal für Umgebungen, in denen Design iterativ entwickelt und optimiert wird.
Der Designprozess nach „Branded Interactions“ integriert digitale Markenführung mit einem umfassenden Ansatz, der von der Projektplanung über die Recherche und Analyse bis hin zur Gestaltung, Dokumentation und Weiterentwicklung reicht. Dieser Ansatz eignet sich besonders für große Projekte, die digitale Interaktionen und Markenerlebnisse in den Mittelpunkt stellen.
Bei der Auswahl eines Modells sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:
- Projektumfang und -dauer: Für längere Projekte können detailliertere Phasenmodelle vorteilhaft sein.
- Projektinhalt und -ziele: Bestimmte Modelle eignen sich besser für kreative, andere für technische oder strategische Projekte.
- Teamgröße und -zusammensetzung: Große Teams oder solche mit externen Partnern benötigen eventuell stärker strukturierte Modelle.
- Vorerfahrungen des Teams: Modelle, mit denen das Team bereits vertraut ist, können die Effizienz steigern.
- Rahmenbedingungen: Externe Faktoren wie Arbeitsumfeld (überwiegend vor Ort oder online), Auftraggebende oder die Branche können die Eignung eines Modells beeinflussen.
Letztendlich hängt die Wahl des „besten“ Phasenmodells von den Anforderungen und Bedingungen des jeweiligen Projekts ab. Eine sorgfältige Bewertung dieser Faktoren hilft, das am besten geeignete Modell auszuwählen.