Je planmäßiger die Menschen vorgehen, desto wirksamer trifft sie der Zufall.
Friedrich Dürrenmatt, schweizerischer Schriftsteller, 1921–1990
Warum agiles Projektmanagement?
Im klassischen (oder linearen) Projektmanagement wird ein Projekt linear – Schritt für Schritt – umgesetzt. Nach jedem Schritt – oder einer Phase – erfolgt die Überprüfung der Ergebnisse. Erst dann geht es zum nächsten Schritt. Wenn eine Projektphase abgeschlossen ist, gibt es also „kein Zurück mehr“. Deshalb spricht man vom „Wasserfall“.
Durch gute Planung versucht man, den Projektverlauf vorherzusehen und zu kalkulieren. Fehlplanungen – und damit Kosten- oder Terminüberschreitungen – sind hierbei jedoch quasi „vorprogrammiert“. Außerdem besteht durch die starke Betonung der Definitionsphase die Gefahr, dass man am Ende der zeitlichen oder finanziellen Ressourcen zwar über ein detailliertes Pflichtenheft verfügt, aber nichts Konkretes vorweisen kann.
Agiles Projektmanagement
Ein alternativer Ansatz des Projektmanagements sind die „agilen“ Methoden (agil = wendig, beweglich). Viele davon stammen ursprünglich aus der Software-Entwicklung. Hier wird zu Beginn zunächst nur eine „Vision“ formuliert. Diese Vision beschreibt die Funktionalität des Projektgegenstands aus Anwendersicht in sogenannten „User Stories“.
In kurzen Intervallen von ein bis drei Wochen – den sogenannten Sprints – setzt man dann klar formulierte Funktionalitäten um. Ziel ist es dabei, sehr schnell erste Resultate zu erzielen, die bereits viele Funktionen und Eigenschaften des finalen Produkts aufweisen. Zum Beispiel erlaubt ein Website-Klickdummy oder ein Prototyp es, die Bedienung und Funktionen auszuprobieren, ohne dass das User Interface oder das Produktdesign bereits voll durchentwickelt sein muss. Diese Prototypen entwickelt man dann fortlaufend in Versionen weiter und verfeinert sie. Man spricht daher von einem iterativen Vorgehen (iterativ = wiederholend, schrittweise).
Plan Driven vs. Vision Driven
Im klassischen Projektmanagement werden die Sachziele des Projekts (der „Scope“) möglichst genau definiert, zum Beispiel in einem Lastenheft. Der Weg dorthin, also Termine und Kosten, können jedoch nur geschätzt werden. Die Planung steht im Mittelpunkt, weshalb das klassische Projektmanagement als „plan driven“ bezeichnet wird. Den vertraglichen Rahmen für dieses Vorgehen bildet ein Werkvertrag. Änderungs- oder Erweiterungswünsche können über „Change Requests“ in das Projekt einfließen.
Beim agilen Projektmanagement werden die exakten Anforderungen an den Projektgegenstand erst während des Projekts entwickelt. Zu Beginn besteht nur eine grobe Vorstellung. Deshalb bezeichnet man das agile Projektmanagement als „vision driven“. Die vertragliche Grundlage hierfür bildet ein Dienstvertrag (der Auftraggebende bestellt bei Auftragnehmenden einen festen Zeitrahmen, in denen der Projektgegenstand entwickelt und verfeinert wird.)
Eigenschaften des klassischen Projektmanagements
- Abarbeitung Phase für Phase
- Bekannte Vorgehensweise
- Gemeinsames Verständnis über das abzuliefernde Werk
- Mitarbeit der Auftraggebenden ist nur in der Definitionsphase erforderlich
- Repräsentatives Ergebnis jedoch oft erst am Ende; Akzeptanz kann somit erst spät überprüft werden
- Intensive Dokumentation erforderlich
- Unflexibel gegenüber Änderungsanforderungen
Eigenschaften des agilen Projektmanagements
- Schrittweises Vorgehen: fertiges Inkrement (= ein potenziell lieferfähiges Ergebnis) pro Sprint (= kurzer, fest definierter Zeitraum)
- „Minimal Viable Product“ – „Better done than perfect“ (Lieber fertig als perfekt) – d. h. funktionierende Ergebnisse, die aber ggf. nicht über alle wünschenswerten oder möglichen Funktionen verfügen, sondern Fokus auf die aus Sicht der Nutzenden relevanten Funktionen.
- Erfordert Vorstellungskraft, Fachkompetenz und intensive Mitarbeit auf Auftraggeberseite
- Häufige Abstimmungsrunden mit Entscheiderinnen und Entscheidern notwendig
Für das agile Projektmanagement gibt es verschiedene Methoden. Die meisten Methoden bzw. Frameworks wie Scrum (engl. „Gedränge“) legen für die Projektbeteiligten exakte Rollen mit klar definierten Funktionen fest, zum Beispiel die Rollen Product Owner, Entwicklungsteam und Scrum Master.
Agile Arbeitsweisen eignen sich jedoch nicht für alle Projektarten. Agiles Projektmanagement setzt auf Teamseite eine gute Kenntnis der Methode voraus und eine deutlich intensivere Mitarbeit, Fachkompetenz und Vorstellungskraft auf Auftraggebendenseite sowie häufige Abstimmungs- und Entscheidungsrunden.
Hybrides Projektmanagement
In der Praxis erlebt man oft Mischformen, die klassische und agile Elemente kombinieren. Gerade im Kommunikationsdesign, wo Projektmanagementmethoden oft eher intuitiv „aus dem Bauch heraus“ und nicht „streng nach Lehrbuch“ angewendet werden.